Stefan Ofner ist tot. Ein Unglück, ein Missgeschick vielleicht nur, hat ihn gestern aus einem Leben gerissen, das nicht einmal 30 Jahre alt geworden ist.
Die Natur kennt weder Recht noch Gerechtigkeit. Wären ihr diese menschlichen Tugenden zugänglich, man müsste schreien, ob dieses Unrechts, dieser himmelschreienden Ungerechtigkeit.
Stefan Ofner hat in „Die Auferstehung“ einen selbstgerechten Diktator gespielt. Eine Rolle, die er mit ungemeiner Glaubwürdigkeit und Kunstfertigkeit ausgefüllt hat. Mit profundem Wissen im Übrigen auch, Magister Stefan Ofner war akademisch gebildeter Historiker.
War ihm diese Rolle „auf den Leib geschnitten“? Mit Sicherheit nicht. Ich habe mit Stefan Ofner nur wenige Stunden seines Lebens teilen dürfen. Ich habe einen wunderbaren Menschen kennengelernt, hochintelligent, voller Witz und Esprit. Einen Menschen mit Humor und Augenmaß, einen, der in seiner hohen Kritik-und Analysefähigkeit nicht vor sich selber halt macht.
Stefan Ofner war als Mensch gerade das Gegenteil des Autokraten der „Auferstehung“. Er hat bloß eine Figur, entworfen von Peter Veran und Sofia Grabuschnig, auf die Bühne gestellt und sie – im wahrsten Sinne des Wortes – zum Leben erweckt. Er war ein Schauspieler, der seine Profession verstanden, ja verinnerlicht hat.
Das ist, gerade heutzutage, nicht selbstverständlich. Stefan Ofner hat auf der Theaterbühne immer nur seine Rolle gespielt, nie sich selbst.
Das Spiel dieses hochtalentierten Künstlers war, nicht zuletzt aus diesem Grunde, bis in die letzte Fiber – seine eigene, die des Publikums – überzeugend. In den vier Aufführungen des Stückes hat man keine Stecknadel fallen gehört. Niemand, und schon gar nicht aus dem begeisterten jungen Publikum, hat zum Handy gegriffen.
Und so mancher wollte dieses unerhörte, gewiss auch unerwartete Erlebnis mehrfach erfahren. Und ging, so ganz gegen seine Gewohnheit, nochmals ins Theater. Nochmals in „Die Auferstehung“, auch wenn man dafür in die Nachbarstadt fahren musste. Nur um Sofia, Anna und Robert, vor allem aber Stefan auf der Bühne zu erleben.
Von jung verstorbenen Künstlern, wie den Dichtern Büchner oder Grabbe sagt man, dass sie, Juwel des kulturellen Erbes der Menschheit, bis in alle Ewigkeit blinken und blitzen werden.
Freilich, vergänglich ist der Mensch, sein Werk, die Erinnerung. Selbst nach einer, gewiss zu erwartenden, großen Karriere wäre auch der so beeindruckende Schauspieler Stefan Ofner mehr und mehr aus dem kollektiven Gedächtnis entschwunden.
Sein Potenzial hat aber selbst in den wenigen Rollen, die er spielen durfte, ausgereicht, Menschen so tief zu bewegen, dass sie – ein winziger, aber kraftvoller Funke in der Dunkelheit der Zeit – sein Spiel als großes Geschenk weitertragen werden.
Anja Grabuschnig, Schwester der Regisseurin und Mastermind der Veranstaltungskoordination, und ich sind in Gedanken bei Stefans Familie und engen Freunden. Bei seinen Eltern. Ich habe selbst Kinder, es gibt wohl kaum ein grausameres Schicksal, als einem Kind nachschauen zu müssen.
Die geplanten Theatervorführungen in Graz, Mattersburg, Klagenfurt und Villach werden wir absagen.
In tiefer Trauer
Werner Anzenberger