Herrlich kalt war es, herüber von der Steiermark in das Land ob der Enns, heute bekannt als: Oberösterreich. Das Ferrarirote liebt ja den frischen Nordwind, der Trainer weniger. Er kämpft doppelt: Steigung und Gegenwind. Und hinunter vom Pyhrnpass wird selbst dem kühnen Ferrariroten ein wenig entrisch. Unter der schmalen Bereifung und dem angewehten Staub lauert blankes Eis.
Das Ziel ist Wels. Noch viel zu strampeln, vom Steyrtal hinüber ins Krems- und Trauntal. Also, sagt man sich, die kleine Pause in Spital am Pyhrn sei hochverdient. Sind Pausen ja immer.
Das Spital: im Hochmittelalter Herzstück der Tourismus-Infrastruktur, unterhalten von regulären oder weltpriesterlichen Orden.
An diesen festen Plätzen, bevorzugt am Fuß von wichtigen Transitpässen, konnte man rasten, essen und trinken. Zugtiere wechseln. Oder ein paar Bauern organisieren, die den Passweg von Schnee freischaufeln mussten.
In noch aktuellen Ortsnamen erinnern wir uns an die Bedeutung - und auch Privilegien - dieser Stützpunkte: neben Spital am Pyhrn etwa Spital am Semmering oder Spittal an der Drau.
In den herrlichen Kirchenraum der Basilika, barock gestaltet von Johann Michael Prunner, schaffen es Ferrarirotes und Trainer nicht. Das Ferrarirote darf bekanntlich sowieso nicht weiter, aus Pietätsgründen, dem Trainer versperrt ein mächtiges Gitter den Weg. Dieser eiserne Vorhang allerdings ist wohl einer der prächtigsten, den österreichische Sakralkunst zu bieten hat. Andreas Ferdinand Lindemayr hat daran sein Herzblut vergossen.
Der Trainer zeigt auf die Fresken des Hauptschiffes. Die sind von Bartolomeo Altomonte. Dem Ferrariroten, längst klassisch gebildet und weder mit seinem Latein noch seinem Italienisch so bald am Ende, dämmert was: Altomonte, Altomonte?
Ja freilich. Schon dem Vater des guten Barthelmä - schon rein künstlerisch-marketingtechnisch - war der so teutsche und damit recht gemeine Name Hohenberg nicht nobel genug. Martin, Sohn des neopolitanischen Bäckers Michael Hohenberg und aufstrebender Maler, taufte sich schwupps auf Martino Altomonte um. Italiener waren, ob Musiker, Maler oder Baumeister, in ganz Europa bevorzugt.
Aber auch anderes, vielleicht gar Interessantes?
habe er, doziert der Trainer, wie üblich aufgesetzt semi-professorial, zu berichten. Das Ferrarirote interessiert’s. Heute halt, wo es nicht allein vor der Kirche warten muss.
Anfang 1945 hat man den gesamten Goldschatz der ungarischen Nationalbank nach Spital gebracht und in der Gruft gelagert. Immerhin 33 Tonnen. Wären sie noch da, der Orbán würd sicher den Europäischen Gerichtshof anrufen. Und dessen zusprechendes Urteil als Selbstverständlichkeit hinnehmen.
Und von 1943 bis 1945 hat man hier Kinder in ein Erziehungsheim gesteckt, die man zuvor Fremd- und Zwangsarbeiterinnen abgenommen hatte. Von 97 Kindern hat man mindestens 38 zu Tode gebracht. Durch gezielte Vernachlässigung, Nahrungsentzug, Misshandlung.
Was dagegen tun? fragt das Ferrarirote, bedrückt, beim Hinausgehen. Dass so etwas wieder passiert? Den Frieden und die Freiheit schützen, sagt der Trainer leise. Die Demokratie, das Recht. Den fairen Kompromiss anstreben. Aber, und das ist genau so wichtig, illegitime Gewalt und Aggression gegen unsere Freiheit entschlossen in die Schranken weisen.