Das Ferrarirote schnauft und keucht. Für den erdigen Stichweg hinauf von der Straße zwischen Bruck/Oberaich und St. Dionysen ist es ziemlich ungeeignet. Überzüchtet. Zeitweise lässt es sich schieben, da fragt man sich dann schon: Wer ist Herr, wer ist Knecht?
Oben lehnt es, etwas echauffiert, an der Brücke. Die Brücke ist alt. Sehr alt. Ein ausgereiftes Stück technischen Fortschritts. Die Römer haben sie gebaut, vor fast zweitausend Jahren. Besser gesagt: ihre Arbeitssklaven. Ein Sklave auch, mit ziemlicher Sicherheit, der geniale Architekt.
Roms Straßennetz war neben dem Gladius, dem wendigen Kurzschwert, und dem fortschrittlichen Rechtssystem wohl die wichtigste Basis der wirtschaftlichen und politischen Macht. Aufwendige Maschinen hatten die Römer nicht nötig, sie waren die Herren im Land. Das mag reichen für ein gutes Leben. Die anderen, geführt an eiserner Hand, hatten Frieden zu geben: Pax Romana.
Arbeitskraft war billigst zu organisieren. Am Markt. Gleich neben dem Haushaltsbedarf, den Karotten und Paradeisern, neben den Pferden und Mastschweinen wurden Menschen, vorteilhaft arrangiert, feilgeboten. Wenn einer seine Schulden nicht mehr bezahlen konnte, wurde er als Pfand verwertet und „über den Tiber verkauft“. Und nach den vielen Feldzügen trieb man das erbeutete Menschenmaterial am Halseisen in Kolonnen dorthin, wo es gebraucht wurde. Rechtlos und jederzeit verfügbar: am Feld, im Haus, im Bett. Stand der Herr, ein Philanthrop nicht gar!, der „ Humanitas“ nahe, war’s vielleicht erträglich. Hatte er schlecht geschlafen, eher weniger. Oder überhaupt lebensgefährlich. Für den Sklaven halt. Oder die Sklavin.
Der Trainer liest später in einem seiner gescheiten Bücher nach: Allein die Verwaltung der stolzen römischen Aquädukte unterhielt als ständiges Personal 700 Sklaven, die Architekten eingerechnet.
Über die Brücke führte die Straße von Aquilea zum Erzberg und ins obere Murtal. Kühn auf die Anhöhen gebaut, man nahm bemerkenswerte Steigungen in Kauf. Denn unten in den Tälern, an den Flüssen, war es sumpfig und unwirtlich. Bei der alten Kirche, gleich in der Nähe, finden sich drei Römersteine: ein Statement der Eliten. Bedeutung, Wichtigkeit, Vornehmheit, weit über den Tod hinaus.
Wie heißt es bei Bertolt Brecht, in seinem Gedicht „Fragen eines lesenden Arbeiters“? „Caesar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?“