1956 geboren und in Pogier aufgewachsen hat Herr Gstättner natürlich nur sehr vage Erinnerungen an die Situation der Lager in Kapfenberg.
Eingeprägt hat sich ihm aber die Vorweihnachtszeit 1971. Als Lehrling der Stadtwerke musste er eine Vielzahl von E-Geräten (E-Herde, Waschmaschinen) in die noch bestehenden Baracken liefern. So viele, dass beinahe die Arbeitszeit zu kurz gekommen wäre. Er spricht sogar von einem „Konsumrausch“. Diese Baracken standen auf den Essenko-Gründen.
In den Barackenlagern haben sich die einzelnen Nationalitäten durchaus zusammengefunden. So gab es einen eigenen Bereich der Optionenflüchtlinge aus Südtirol, der Ungarn und der Volksdeutschen.
Es war also kein Multikultilager.
Bewohner der Baracken kamen oft auch nach Pogier, um von den Bauern gegen Arbeit Naturalien wie Milch oder Kartoffeln zu erhalten.
Auffallend war die hohe Zahl an ungarischen Bewohnern. Diese stammen möglicherweise vom ungarischen Aufstand 1956.
Die Baracken waren Holzbauten, ca. 1m über dem Boden. Herrn Gstättner fiel auch auf, dass um diese Häuser viele Ratten waren. Wahrscheinlich deshalb, weil die Entsorgung der Essensreste nicht sehr sorgfältig geschehen ist.
Die Stimmung der Kapfenberger Bevölkerung zu den Barackenbewohnern war eher als negativ zu sehen, diese waren eben Fremde.
Um 1970 gab es in Kapfenberg einen sehr hohen Anteil an Gastarbeitern.
Viele Barackenbewohner siedelten später in der Heimsiedlungsstraße in Richtung Pogier. Die dort errichteten Häuser bezeichnete man als „Sparefrohhäuser“, weil sie eine Ähnlichkeit mit den Sparbüchsenhäusern der Sparkasse hatten. Dort gab es lange Zeit einen besonders hohen Anteil an Stimmen für die KPÖ. Auch in Walfersam wurden von der Gemeinde Wohnungen für Barackenbewohner errichtet.
Laut einem Bekannten habe es auch 1978 noch einzelne Baracken gegeben und zwar in Walfersam auf Höhe Fahrschule Pankl.
Text: Mag. Harald Trummer