Prof. MMag. DDr. Werner Anzenberger
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Santa Maria Maggiore und Pontebba


Schwungvoll biegen sie ab, von der Passstraße herunter vom Nassfeld, slowenisch Mokrine, italienisch Passo di Pramollo. Ein uralter Saumweg, der Hermagor in Kärnten und Pontebba, auf Deutsch Pontafel, in Friaul verbindet. Das Ferrarirote rattert ein wenig unsicher, überrascht vom löchrigen Asphalt. Der Trainer muss energisch in den Lenker greifen, dann stehen sie auf dem Kirchplatz Maria Maggiore. 

 

Hier nun das obligate Foto am Kirchenportal, bemerkenswerte Frühgotik. Über dem Tympanon stimmig die selbstbewusste Ansage: Ego sum ostium. Ich bin die Tür. Das Ferrariorte grinst in die Kamera, der Trainer zückt seinen Stift. Schreibblockade war gestern. 

 

In der Apsis, überwölbt von herrlichen Netzrippen, steht der berühmte gotische Flügelaltar. Der freundlich-redselige Mesner betont einmal zu viel, ein überzeugter „Altösterreicher“ zu sein. Und richtig, die Grenze zwischen Österreich und Italien verlief bis zum Friedensvertrag von Saint-Germain 1919 mitten durch den Ort, entlang des Flüsschens Pontebbana.

 

Mit dramatischer Geste betätigt der Mesner den Schalter, es werde Licht! in gewaltiger Schönheit einer zutiefst berührenden Frömmigkeit leuchtet das Triptychon. Holzschnitzkunst allerhöchster Güte, hier ausgeführt von der Werkstatt des Meisters Heinrich von Villach. 

 

Bewegt steht er da, der Trainer, wie festgenagelt, er, den, so sagt man ihm nach, nicht gar so viel bewegen kann. Selbst das Ferrarirote, durch das offene Tor auf den leuchtenden Altar lugend, lässt das übliche Feixen. 

 

Als Biblia pauperum, als sprechende Bibel der Armen und Analphabeten, erzählt der Altar anschaulich die Geschichte Marias. Im Zentrum die Erhöhung der Jungfrau durch die Dreifaltigkeit. Ihrem Sohn Christus geziemt die Ehre, ihr die Krone aufzusetzen. Gott Vater blickt wohlgefällig, die Taube darüber verspricht Sicherheit und Geborgenheit in ewiger Wahrheit und Erkenntnis. Musizierende Engel verkünden die Frohbotschaft. 

 

In der Predella, dem Unterbau des gotischen Schnitzaltars, die vier hervorragendsten Kirchenväter: Ambrosius, Augustinus, Gregor und Hieronymus, ausgewiesene Doctores der Evangelien, bestätigen die Glaubenstreue der Stifter und der ausführenden Handwerker.

Im filigranen, detailverliebten Gesprenge, das bis an die Decke reicht, nochmals die Gottesgebärerin. Diesmal trägt sie ihr Kind, das sie später zur Königin erheben wird, Wunschdenken jeder Mutter, sicher und warm in ihrem Arm.

 

In den Flügeln des Triptychons die Geburt des Gottessohnes. Seine Anbetung durch die Heiligen Drei Könige. Seine Auferstehung und die Überwindung des Todes. Selbst den Ärmsten und Unwissendsten, die in der Bibel, leider, leider! die Frohbotschaft selbst nicht lesen können, wird vermittelt: Auch euch ist Gnade, auch ihr, Unwürdige, werdet erlöst. 

 

Wenn ihr nur schön brav buckelt, hier auf Erden, wird’s schon werden. Im Tode, immerhin, sind wir alle gleich. 

 

Und schließlich, letztes Bild in den Flügeln des Altars: der Tod der Mutter des Erlösers. Maria, die, als einzige neben Christus, unmittelbar in den Himmel auffahren darf. 

 

Sind die Flügel geschlossen, traditionell im Advent und vor Ostern, auch das Auge braucht sein Fasten, zeigen sich, allzu streng darf man das strenge Fasten nun auch nicht nehmen, wertvolle Gemälde mit Motiven aus dem Alten und Neuen Testament.

 

Die alten gotischen Flügelaltäre, erklärt der Trainer leise dem ungewöhnlich stillen Ferrariroten, hat man im Barock zuhauf aus den Kirchen geworfen. Sie erschienen den Bauherrn der mächtiger und reicher werdenden österreichischen Erblanden nicht zeitgerecht, nicht modern, nicht prächtig, nicht repräsentativ genug. Erst im 19. Jahrhundert hat man ihren Wert wiederentdeckt, in der nachnapoleonischen Zeit, im Biedermeier. 

 

„Der Hauptaltar in altdeutscher Art war geblieben…es sei ein Glück gewesen, dass man im vorigen Jahrhunderte nicht mehr so viel Geld gehabt habe, als zur Zeit der Erbauung der Kirche, denn sonst hätte man gewiss den ursprünglichen Altar weggenommen und hätte einen in dem abscheulichen Sinne des vergangenen Jahrhunderts an seine Stelle gesetzt.“ hat Adalbert Stifter in seinem berühmten Roman „Der Nachsommer“ geschrieben. 

 

Na, so furchtbar schrecklich sind die Barockaltäre, die heute die Kirchen von Mitteleuropa überladen, nun auch wieder nicht, spricht der Trainer nun unmittelbar dem lieben Adalbert Trost zu, aber gut war es schon, dass du, als Landesschulrat und Landeskonservator in Oberösterreich, all deinen Einfluss verwendet hast, das herrliche Triptychon von Kefermarkt vor der zeitgeistigen Entsorgung zu retten. Ein viel besuchtes Juwel heute, in der an sich so stillen böhmischen Masse, der Heimat deiner Kindheit. 

 

Der Flügelaltar von Kefermarkt gehört überhaupt zu den allerbedeutensten, noch heute erhaltenen Werken der spätgotischen Schnitzkunst. Neben dem Altar in St. Wolfgang von Michael Pacher oder dem Windsheimer Altar für die Zwölfboten, die frohkündenden Apostel, von Tilman Riemenschneider, heute im Heidelberger Museum. Und doch: Der Altar hier in Pontebba kann neben diesen Berühmtheiten gewiss bestehen. 

 

Was ist schon Kunst? fragt sich das Ferrarirote auf der Weiterreise, das Kanaltal hinab. Nach Süden geht es, wo bald die schroffe Berglandschaft enden und die Weite der italienischen Tiefebene beginnen werden. Was ist Kunst? Was ist ihr Wert? 

 

Den Wert einer Kunst, denkt der Trainer dem Ferrariroten die Antwort zuvorkommend vor, kann nur der Betrachtende, der Lesende, der Hörende für sich selbst erfahren und erkennen. Ein dem Künstler unbekannter Adressat. Kein unbeschriebenes Blatt freilich, sondern verfangen in seiner eigenen Zeit, in seiner eigenen, von ihm selbst gebauten Welt. Beschenkt. Kunst können wir teilen, Kunst kann verbinden. Schlussendlich aber gehört sie nur uns, den Beglückten, ganz allein.


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